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Wenn es trotzdem wehtut

Stösst man sich den Fuss oder schneidet sich in den Finger, so löst das meistens Schmerz aus. Dieser hält sich im Normalfall in Grenzen, wenn keine grössere Verletzung vorliegt. Doch nicht immer stimmen Verletzung und Empfinden überein – denn das Schmerzempfinden ist individuell.

Warum empfinden wir überhaupt Schmerz?

Schmerz ist Lernen. Und Lernen dient dem Überleben. Ganz einfach gesagt: Ein gebranntes Kind scheut das Feuer – und das soll es davor bewahren, sich selbst lebensgefährlich zu verletzen. Schmerz ist also ein Warnsystem, ein Selbstschutz.

Wo kommen Schmerzen her?

Schmerzen werden oft, aber nicht immer durch eine Verletzung oder Krankheit ausgelöst. Dieser Auslöser sendet dann über einen Nerv ein Signal an das Gehirn, damit dieses die (vermeintliche) Verletzung oder Krankheit lokalisieren kann. Diese Nerven laufen in beide Richtungen: vom Körper zum Gehirn, um Schmerz, Temperatur und Berührung zu signalisieren. In die andere Richtung, um die Motorik zu steuern oder das eigene Schmerzempfinden zu verstärken oder zu verringern. Der Schmerz an sich ist letztendlich aber nicht zwingend mit einem Auslöser verbunden – sondern ein Gefühl im Gehirn.

Weshalb empfinden wir Schmerz unterschiedlich?

Weil wir alle unterschiedlich sind – und so ist auch unser Schmerzempfinden. Ein Beispiel: Wenn man das Schmerzlevel von Patientinnen und Patienten ermitteln will, fragt man typischerweise nach einer Zahl zwischen 0 und 10. 1 steht dabei für einen absolut aushaltbaren Schmerz, 10 für den stärksten vorstellbaren Schmerz. Würden wir nun hundert Menschen mit demselben Messer genau gleich tief in den Zeigefinger schneiden, so würden wir nicht von allen die gleiche Schmerzeinschätzung erhalten. Während manche Personen kaum eine 1 empfinden, wären andere bereits bei 3 oder 4. Da der Schmerz ein Gefühl im Gehirn ist und nur bedingt mit einer reellen Verletzung zu tun hat, spielen beim Schmerzempfinden viele Faktoren eine Rolle. So zum Beispiel Erlebnisse in Kindheit und Jugend (zum Beispiel das Erfahren von psychischer und physischer Gewalt, Missbrauch), familiäre und kulturelle Einflüsse sowie die soziale Einbettung der Person und ihre Schmerzgeschichte. Diese Faktoren stehen in einem Verhältnis zueinander, das ebenfalls individuell ist – und das macht die Sache so komplex. Hierbei spricht man vom biopsychosozialen Schmerzmodell.

Inwiefern stellt das eine Herausforderung für die Medizin dar?

Gehen wir von der körperlich eingegrenzten Medizin aus, in der wir Schmerzen (in ca. 80% der Fälle) behandeln können, indem wir eine Verletzung oder Krankheit behandeln. Bei einem Grossteil der Patientinnen und Patienten werden die Schmerzen durch die Behandlung des Auslösers «mitbehandelt»: Je kleiner eine Wunde wird, desto weniger schmerzt sie. Das ist aber nicht bei allen Betroffenen der Fall – und da liegt der Knackpunkt. Bleiben die Schmerzen auch nach dem Abschluss der körperlichen Behandlung bestehen und fruchten weitere Schmerzmittel oder andere Therapieansätze nicht, stösst das Konzept «Schmerz als körperliches Phänomen» an seine Grenzen. Spätestens jetzt sollte das heutige Wissen über Schmerzen bei der Behandlung einfliessen.

Was macht man in der Schmerzsprechstunde?

In der Schmerzsprechstunde versuchen wir Patientinnen und Patienten mit Krankheitsbildern, die zu Chronifizierung neigen (beispielsweise Rücken- und Nervenschmerzen), möglichst früh zu behandeln. Das Ziel ist, der oder dem Betroffenen frühzeitig Wissen über die bekannten Ursachen und die möglichen Behandlungen inklusive deren Wirksamkeit zu vermitteln. Der Vorgang wird mit Schmerzedukation umschrieben. Eines der wesentlichsten Elemente ist, den Patientinnen und Patienten zu zeigen, dass sie ernst genommen werden. Oft ist es nämlich der Fall, dass sie sich alleingelassen und nicht verstanden fühlen. Angehörige und Freunde können Schmerzen manchmal nicht nachvollziehen, wenn jemand keine offensichtlichen Verletzungen oder Krankheiten hat – so werden viele Betroffene als «weinerlich», «empfindlich» oder sogar als Lügnerin oder Lügner dargestellt. Dieses Unverständnis kann Betroffene isolieren und den Schmerz sogar verschlimmern: Schmerz steht oft auch mit Stress in Verbindung. Die beiden Aspekte fördern sich gegenseitig, was zu einer Negativspirale führt. Deshalb ist neben Infiltrationen, medikamentösen Therapien, Physiotherapie und Ergotherapie auch die Psychotherapie einer der wesentlichen Therapieansätze im Schmerzzentrum.

Was tun, wenn es trotzdem wehtut?

Stossen wir mit den oben genannten Möglichkeiten ebenfalls an unsere Grenzen, so gilt es, die Betroffenen dabei zu unterstützen, mit dem Schmerz umgehen zu lernen. Das Gehirn muss mit anderen Dingen beschäftigt werden – konzentriert man sich voll und ganz auf den Schmerz, so rückt dieser ins Zentrum des Lebens und verstärkt sich dementsprechend. Gegen Schmerz kämpfende und ihn verdrängende Menschen müssen lernen, ihre neuen Grenzen zu akzeptieren. Von chronischen Schmerzen Betroffene müssen ein Gleichgewicht zwischen Kampf, Angst und Motivation finden. Die Angst vor dem Schmerz überwiegt das Schmerzgefühl nämlich oft. Das Leben darf aber nicht aufgeschoben werden auf «nach dem Schmerz». Wir unterstützen Patientinnen und Patienten dabei, trotz und mit dem Schmerz ihre Lebensqualität zurückzugewinnen.

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