Offen über Ängste und Sorgen sprechen
Über Angelika Roduner
Psychologin MSc., eidgenössisch anerkannte Psychotherapeutin, Leiterin Psychoonkologie, Klinik für Radio-Onkologie, KSW
- Kann draussen in der Natur abschalten.
- Ist gern unter Leuten und findet Inspiration in Musik, Kunst und Kultur.
- Liebt es, Zeit mit ihren Patenkindern zu verbringen.
Sie trinken einen Kaffee. Wie viele Tassen sind es pro Tag?
Angelika Roduner: Etwa drei.
Hilft das für Ihre Arbeit?
Ja. Es ist ein schönes Ritual beim Einstieg in den Tag oder für den Austausch mit Arbeitskolleginnen und -kollegen.
Können Sie Psychoonkologie in einem Satz erklären?
Psychoonkologie unterstützt Krebsbetroffene und ihre Angehörigen dabei, die Krankheit zu bewältigen.
Worauf kommt es an, damit Sie Betroffenen helfen können?
Dass ich ihnen empathisch und ohne Vorurteile dort begegne, wo sie im Moment stehen. So kann ich ihren Bedürfnissen am besten gerecht werden und sie dabei unterstützen, ihre Lebensqualität zu verbessern.
Jedes Jahr werden am KSW weit über 2000 psychoonkologische Beratungen durchgeführt. Was erwarten die Patientinnen und Patienten von Ihnen?
Das ist ganz unterschiedlich und kommt auf den Zeitpunkt der Kontaktaufnahme mit uns an. Zu Beginn sind viele von der Diagnose Krebs überfordert. Hier versuchen wir, die Betroffenen emotional zu stabilisieren. Andere kommen erst nach Abschluss der Behandlung zu uns. Oft beginnt die emotionale Verarbeitung erst dann, mit dem Wegfall der haltgebenden Struktur durch die Therapien. Und weil Krebs eine Wir-Erkrankung ist, bei der immer auch das Umfeld betroffen ist, steht unser Angebot auch Angehörigen offen.
Wie gehen Sie vor?
Im ersten Gespräch lasse ich die Betroffenen ihre Krankheitsgeschichte erzählen. Das liefert mir wichtige Informationen zu ihrem Erleben. Und ich frage nach ihren Wünschen und Erwartungen. Basis für meine Arbeit ist eine wertschätzende, empathische Grundhaltung. Ich biete Betroffenen einen geschützten Raum, in dem sie offen über ihre Ängste sprechen
können. Das kann entlastend wirken und helfen, Gedanken und Gefühle zu ordnen.
Das KSW bietet neu eine Sprechstunde an, in der Betroffene und Angehörige Fragen rund um Sexualität und Intimität nach Krebs besprechen können. Weshalb ist das wichtig?
Krebserkrankungen und Krebstherapien können die Sexualität und Intimität in einer Partnerschaft beeinflussen. Dazu gehören körperliche Veränderungen, aber auch sexuelle Verunsicherung oder eine Veränderung des Körperbilds. Dies alles kann die Partnerschaft belasten. Für manche Betroffene sind diese Themen stark schambehaftet, und es ist für sie schwierig, sie im Arztgespräch anzusprechen. Die onko-sexologische Sprechstunde ist niederschwellig und kann hier eine Lücke schliessen.
3 Tipps für den Umgang mit Krebskranken
- Ob Familienmitglied, Freund oder Arbeitskollegin: Jede und jeder Betroffene hat unterschiedliche Erwartungen an das persönliche Umfeld. Fragen Sie deshalb die Person, die an Krebs erkrankt ist, ob und – wenn ja – wie sie über ihre Erkrankung sprechen möchte.
- Bleiben Sie mit der betroffenen Person im Dialog, auch wenn sie nicht über ihre Krankheit sprechen möchte.
- Manchmal ist unklar, ob eine Krebsbehandlung die erhoffte Wirkung hat. Oft wünschen sich Betroffene in dieser Situation von ihrem Umfeld ein «Mitaushalten». Statt durch eine gut gemeinte positive Floskel kann dies auch durch eine Geste wie eine Umarmung ausgedrückt werden.




