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Erfahrungsbericht Geburtshilfe

Wenn die Schwangerschaft nicht nach Plan verläuft

Ein vorzeitiger Blasensprung veränderte die Schwangerschaft von Carmen F. grundlegend. Dank der raschen und umfassenden medizinischen Betreuung am KSW und ihrer positiven, kämpferischen Einstellung gelang es ihr, die Geburt um mehrere Wochen hinauszuzögern und ein gesundes Mädchen zur Welt zu bringen.

«Jeder Tag, um den sich die Schwangerschaft verlängert, ist ein guter Tag.»

Carmen F.
Patientin

Als sich Carmen F. an diesem Sommerabend von ihrem Mann zur Untersuchung ans KSW fahren liess, wusste sie, dass es sich nicht um eine Routinekontrolle handelte. In den letzten zwei Tagen hatte sie mehrmals Fruchtwasser verloren. «Doch ich dachte, ich könnte bald wieder nach Hause und müsste mich danach einfach etwas schonen», sagt sie heute.

Zwei Stunden später war alles anders. Sie, die sonst nie Medikamente nimmt, erhielt über eine Infusion Antibiotika, dazu Tabletten, um die Wehen aufzuhalten, sowie Kortison, damit sich die Lunge ihres Kindes rascher entwickeln konnte. Und sie unterschrieb ein Formular, um ihre Einwilligung zu einem Kaiserschnitt zu geben. «Weil ich viel Fruchtwasser verloren hatte, rechnete die Ärztin auf der Notfallstation damit, dass das Kind noch in der gleichen Nacht kommt», erinnert sich die 33-Jährige.

Zu diesem Zeitpunkt war sie seit dreissig Wochen schwanger. Das Kind wäre mehr als zehn Wochen zu früh zur Welt gekommen. Als Carmen F. nach den Untersuchungen allein im Zimmer lag, war sie aufgelöst. «Meine Welt brach zusammen. So vieles war nun in Frage gestellt.» Sie weinte die ganze Nacht. «Doch am Morgen begann ich, für unser Kind zu kämpfen, damit es möglichst lange in meinem Bauch bleibt.» Und sie setzte sich ein Ziel: Sie wollte mindestens 32 Schwangerschaftswochen erreichen. Ab dann sind die Organe des Kindes gereifter und Komplikationen für Neugeborene viel seltener. «Ich sagte mir, das ist nun unsere Geschichte, und ich nehme sie an.»

«Vor 37 Wochen spricht man von einer Frühgeburt.»

Vorzeitiger Blasensprung

Meist sind es vorzeitige Wehen, die zu einem Blasensprung führen. Auch eine Infektion oder eine Fehlbildung des Kindes können der Auslöser sein. «Doch oft lässt sich die genaue Ursache nicht eruieren », sagt Dr. med. Leila Sultan-Beyer, Chefärztin der Klinik für Geburtshilfe am KSW. Klar ist hingegen, dass in dieser Situation keine Zeit verloren werden darf. «Wir müssen uns rasch ein Bild machen. Bei einem Blasensprung besteht ein hohes Infektionsrisiko.» Das wäre für die Frau wie auch für das Kind sehr gefährlich. Deshalb werden Frauen, bei denen eine so frühe Geburt wahrscheinlich ist, in den ersten 48 Stunden sehr engmaschig überwacht, häufig gleich im Gebärsaal. «So haben wir die Möglichkeit, bei Bedarf jederzeit rasch zu handeln», erklärt Dr. Sultan-Beyer. Regelmässig werden Temperatur, Blutdruck und Puls gemessen, alle zwölf Stunden wird das Blut untersucht, und mit einem Cardiotokograph (CTG) werden die Herztöne des Babys sowie die Wehentätigkeit kontrolliert.

Ein Ziel vor Augen

Um 32 Wochen zu erreichen, musste Carmen F. viel liegen. «Für einen Bewegungsmenschen wie mich war das nicht einfach.» Sie fährt Fahrrad, spielt Tennis, schwimmt, macht Krafttraining und Yoga. Das Bett verliess sie zu Beginn nur fürs Frühstück und um auf die Toilette zu gehen. Früher mussten sich Frauen nach einem Blasensprung noch viel stärker an die Bettruhe halten, nicht mal der Gang zur Toilette war erlaubt. Doch diese Zeiten sind am KSW vorbei. «Es gibt keine Hinweise darauf, dass strikte Bettruhe bei vorzeitigem Blasensprung Vorteile bringt», sagt Chefärztin Dr. Sultan-Beyer.Zum Wohlbefinden hat auch der Komfort auf der neuen Pränatalstation beigetragen. «Ich hatte ein sehr schönes Zimmer mit viel Platz, Aussicht auf die Stadt und wurde von motiviertem Personal betreut.» Dennoch waren die Tage lang. Sie nutzte sie, um Krimiserien zu sehen, Musik und Podcasts zu hören, bekam auch viel Besuch. Und sie hatte Zeit, sich auf das Baby in ihrem Bauch einzulassen. «Ich sprach mit ihm, redete ihm gut zu. Bevor ich das Licht löschte, sagte ich ihm, dass wir auch diese Nacht schaffen.»

Nochmals nach Hause

Als das Erreichen von 32 Wochen näher rückte, setzte sich Carmen F. das nächste Ziel: 34 Wochen. Ab dann sind die Lungen des Kindes ausgereift und ist auch der Saugreflex entwickelt, so dass es von der Brust trinken kann. Zudem wollte sie nochmals nach Hause. Zu Beginn der Schwangerschaft hatte sie sich vorgenommen, im Sommer die Zeit mit ihrem bald dreijährigen Sohn noch einmal so richtig zu geniessen, bevor das zweite Kind zur Welt kommen würde. Die regelmässigen Kontrollen waren in Ordnung, sie hatte immer ausreichend Fruchtwasser, das Kind entwickelte sich gut. Schliesslich willigte Dr. Sultan-Beyer ein. «Dies ist stets situationsbedingt und muss für jede Patientin individuell entschieden werden», sagt die Chefärztin rückblickend. «Fast alle Frauen bleiben bis zur Geburt im Spital, gerade bei einem so frühen Blasensprung.»

Doch Carmen F. war gut organisiert. Ihr Mann, ihre Familie und Freunde sorgten für ihren Sohn und den Haushalt, sie musste sich um nichts kümmern. Sie ging sogar als Trauzeugin an die Hochzeit von Freunden. «Ich legte mich immer wieder hin und ging früh nach Hause.» In den nächsten Wochen gab es regelmässige Kontrollen bei ihrem Frauenarzt, einmal auch noch bei Dr. Sultan-Beyer am KSW.

«Um die 32. Woche zu erreichen, musste ich viel liegen. Für einen Bewegungsmenschen wie mich war das nicht einfach.»

Am Abend nach der letzten Kontrolle setzten dann regelmässige Wehen ein. Als ihr Mann sie nun zum KSW fuhr, wusste sie, was sie erwartet. Und es ging schnell. «Wir konnten im Gebärsaal gerade noch das Abendessen bestellen, da ging es schon los.» Nach einer halben Stunde war das Kind auf der Welt, mit 34 Wochen plus 3 Tage. Fünf Wochen nach dem Blasensprung.«Ich durfte die Kleine für kurze Zeit bei mir behalten, dann kam sie auf die Neonatologie.» Darauf war Carmen F. vorbereitet, hatte sie die Abteilung doch bereits vorher besucht. Ihr half, dass sie sehen konnte, mit wie viel Liebe sich das Personal um die Frühchen kümmert. «Als wären es ihre eigenen Kinder. So wusste ich, dass unser Kind hier sehr gut aufgehoben ist.» Darauf wird auf der Neonatologie grosser Wert gelegt. «Unsere Fachleute sorgen für höchstmögliche Sicherheit und unternehmen alles, damit die Familien einen guten Start haben, wenn sie das Spital verlassen», sagt Dr. med. Lukas Hegi, Chefarzt der Klinik für Neonatologie. Dass die Wochenbettabteilung und die Neonatologie im Neubau auf der gleichen Etage liegen, war eine zusätzliche Erleichterung. «Wenn ich nicht schlief oder ass, war ich immer bei unserem Kind», erzählt Carmen F.

Wertvolle Erfahrung

Nach fünf Tagen konnte sie ihre kleine Tochter nach Hause nehmen. Das Stillen brauchte am Anfang länger, da die Kleine nach kurzer Zeit bereits erschöpft war. «Weil sie zu früh kam, hinkt sie bei allem noch etwas hinterher. Aber sie entwickelt sich gut und legt an Gewicht zu.»Die Zeit vom Blasensprung bis zur Geburt hat Carmen F. geprägt. Sie meint, sie gehe heute mit mehr Gelassenheit durchs Leben. Auch hat sie sich besser kennengelernt. «Ich weiss, dass ich jede schwierige Situation meistern kann, ohne meine positive Einstellung zu verlieren.» Und sie ist einfach dankbar, dass alles so gut ausging. Als sie sich vom Personal verabschiedete, liefen ihr Tränen über die Wangen. «Das war eine so intensive Zeit, auch mit den Menschen am KSW.»


Gesunde Ernährung und Sport

INTERVIEW mit Dr. med. Leila Sultan-Beyer, Chefärztin Klinik für Geburtshilfe

Welche Faktoren erhöhen das Risiko für eine Frühgeburt?
Frauen, die bereits eine Frühgeburt hatten, haben ein deutlich höheres Risiko. Ein vorzeitiger Blasensprung kann durch Kontraktionen, Infektionen oder Auffälligkeiten beim Kind, genetisch oder anatomisch bedingt, ausgelöst werden. Aber auch Vorerkrankungen der Mutter wie Herz- oder Nierenerkrankungen oder eine schwere Fettleibigkeit können Auslöser sein.

Was können Frauen tun, um Komplikationen während der Schwangerschaft zu verhindern?
Die genauen Ursachen für einen vorzeitigen Blasensprung oder Wehen lassen sich häufig nicht eruieren. Generell empfehlen wir, bereits vor der Schwangerschaft auf eine gesunde Ernährung und sportliche Aktivität zu achten. Je gesünder eine Frau in die Schwangerschaft geht, desto besser ist das Resultat für Mutter und Kind.

Wie sollten Frauen bei verfrühtem Blasensprung oder Wehen reagieren?
Bei den ersten Anzeichen sollten sie sofort ihre Frauenärztin kontaktieren. Bei Wehen spüren die Frauen meist ein Ziehen oder Schmerzen im Unterbauch, nicht selten auch in den Rücken ausstrahlend oder auch vom Rücken kommend. Es gilt zu klären, ob die Wehen bereits auf den Gebärmutterhals einwirken und so die Geburt eröffnen.

Weshalb ist es so wichtig, dass es nicht zu einer Frühgeburt kommt?
Das Kind kann sich am besten im Bauch der Mutter entwickeln. Kommen Kinder zu früh auf die Welt, können Entwicklungsverzögerungen und andere Komplikationen auftreten.


Schwierige Schwangerschaften

Am KSW werden Frauen mit einer Risikoschwangerschaft kompetent betreut.

Risiken

  • zu früh einsetzende Wehen
  • vorzeitiger Blasensprung
  • Vorerkrankungen bei der Frau: z.B. angeborene Herzfehler, Diabetes mellitus, Autoimmunerkrankungen oder Fettleibigkeit
  • Mehrlingsschwangerschaften
  • Bei Frauen, die bei ihrer ersten Schwangerschaft älter als 40 sind, besteht ein höheres Risiko für Komplikationen.

Spezialsprechstunde

Dr. med. Leila Sultan-Beyer bietet Spezialsprechstunden für Patientinnen mit Risiken an. Sie betreut seit vielen Jahren Patientinnen bei schwierigen Schwangerschaften, zuerst am Unispital in Zürich, seit 2022 als Chefärztin der Klinik für Geburtshilfe am KSW.

Tipp

Dr. Sultan-Beyer rät den betroffenen Frauen, sich bereits vor einer Schwangerschaft an eine Fachperson zu wenden. «Es braucht eine enge Zusammenarbeit mit Hausärztinnen sowie mit anderen Fachspezialisten, um die Patientinnen frühzeitig auf Risiken aufmerksam zu machen. Wer unter einer Vorerkrankung leidet, sollte vor dem Schwangerwerden medizinisch optimal versorgt sein», betont Dr. Sultan-Beyer.

Portrait von Dr. med. Leila Sultan-Beyer

Dr. med. Leila Sultan-Beyer

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