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Inkontinenz

Kontrollverlust

Wenn jemand den Drang, Wasser zu lassen, willentlich nicht oder nur ungenügend kontrollieren kann und deshalb Urin verliert, spricht man von Inkontinenz. Kein Wunder, gibt es dafür keinen passenden deutschen Begriff. Zu peinlich und enervierend ist eine solche Situation. Immer mehr Frauen und Männer sind davon betroffen. Die gute Nachricht: Die gynäkologischen und urologischen Expertinnen und Experten des Beckenbodenzentrums am KSW können helfen.

Nichts ist für Stefanie H. schöner, als im eigenen Garten zu arbeiten, schwimmen zu gehen oder mit ihrem E-Bike rund um ihren Wohnort in der Nähe von Winterthur zu kurven. «Da fühle ich mich lebendig und frei», sagt die 69-Jährige. «Ganz im Gegensatz zu der Zeit mit Inkontinenz. Da habe ich mich absolut scheusslich gefühlt.

«Ich fühle mich wieder lebendig und frei, ganz im Gegensatz zu der Zeit mit Inkontinenz.»

Stefanie H.
Patientin

Enrico T. ist mit seinen 76 Jahren noch fast ebenso aktiv. Wären da nicht der Rücken, der zwickt, und die Knie, die ihn plagen. Seine grosse Liebe gehört – neben Frau, Familie und Fussball naturalmente – seinem Foodtruck. Nach der Pensionierung hat er sich seinen grossen Traum erfüllt und den Truck mit seinen Kollegen umgebaut. Nach einigen Jahre on the road hat ihn jedoch die Inkontinenz jäh gestoppt. «Ich war sehr, sehr gern als fliegender Pizzaiolo unterwegs», schwärmt Enrico T. «Ich bin ja noch jung», lacht er verschmitzt. «Doch jetzt, wo ich wieder gesund bin, ist leider meine Köchin krank. Ohne sie geht es nicht. Deshalb sitze ich im Moment untätig herum. Als ich inkontinent war, ist mir das leichter gefallen. Damals habe ich mich sehr geschämt und mich noch so gern zu Hause verkrochen.»

Enrico T. freut sich darüber, dass er nach der Inkontinenz-Operation wieder ein beschwerdefreies Leben führen kann.

In der Schweiz sind rund 11 % der Männer von Inkontinenz betroffen.

Das Blasenband brachte die Erlösung

Stefanie H. wie Enrico T. sind heute beschwerdefrei. «Das ist nicht aussergewöhnlich», erklärt Dr. med. Jure Tornic, Leitender Arzt Neuro-Urologie und Co-Leiter Beckenbodenzentrum am KSW. «Wir haben heute etliche Möglichkeiten, Inkontinenz zu behandeln. Im Vergleich zur physischen und psychischen Belastung durch Inkontinenz ist der Aufwand dafür relativ gering, der Erfolg dafür umso grösser.»

Dass der Weg zur Wiedererlangung der Bewegungsfreiheit nicht immer geradlinig verläuft, zeigt der Fall von Stefanie H. Nach der Geburt ihres dritten Kindes musste sie sich einer Blasenoperation unterziehen und die Gebärmutter entfernen lassen. Wegen eines neuerlichen Blasenvorfalls folgten in jüngerer Zeit einige weitere Eingriffe, die aufgrund der zahlreichen operativen Narben im Bauchraum von Stefanie H. nicht auf Anhieb erfolgreich waren. Geduld war angesagt. Seit ihr Dr. med. Gesine Meili letztes Jahr jedoch ein Blasenband unter die Harnröhre gelegt hat, «ist es besser als je zuvor». Dazu die Chefärztin und Leiterin der Frauenklinik: «Leider gibt es oftmals nicht die einzig richtige Lösung. Umso glücklicher bin ich, dass wir nun Erfolg hatten.»

Stefanie H. bezeichnet sich selbst als «relativ operationsfreudig». «Wenn die Chance bestand, mit einer Operation ein Leiden zu beheben, war ich jederzeit dafür zu haben und habe das auch nie bereut; besonders wenn die Unterstützung so professionell und angenehm war wie am KSW.»

Zu den häufigsten Ursachen einer Inkontinenz gehören die Schwächung der Beckenbodenmuskulatur im Alter, eine schwere Geburt oder Erkrankungen und Operationen der Prostata.

Wie ein Signore im Zimmer mit Aussicht

Die Leidensgeschichte von Enrico T. ist nicht ganz so lang. Wie bei vielen Männern begann es mit einer gutartigen Vergrösserung der Prostata. Diese drückte mit der Zeit so stark auf die Blase, dass er inkontinent wurde. Da eine medikamentöse Therapie keine Wirkung zeigte, legte sich Enrico T. am 23. Januar 2024 unters «Messer» von Dr. Tornic. Mit einer Drahtschlinge, durch die elektrischer Strom fliesst, trug der Urologe das erkrankte Gewebe schichtweise ab. Mit Erfolg. Zwar gibt es nach wie vor Situationen, in denen der Patient starken Druck auf die Blase verspürt: «Ich bin jedoch sehr zufrieden. Im KSW wurde ich wie ein König behandelt und hatte aus meinem Einzelzimmer eine tolle Aussicht auf Winterthur. Doch die Hauptsache ist: Ich muss mich nicht mehr schämen.»

Kompetenz in Sachen Inkontinenz

Das Kantonsspital Winterthur zählt zu den wenigen Kliniken, die sich mit dem Thema Inkontinenz bei Männern beschäftigen. «Die meisten Urologen fokussieren auf die Behandlung von Prostatakrebs und -erkrankungen, Nierenstein usw.», erklärt Dr. Tornic. «Nur hochspezialisierte Zentren wie das KSW sind in der Lage, die beiden häufigsten Inkontinenzoperationen – eine Kunststoffschlingen einzulegen oder einen künstlichen Schliessmuskel anzulegen – durchzuführen. Das haben wir vor allem unserem Klinikleiter,
Prof. Hubert John, zu verdanken. Er war es, der das Inkontinenzband für Männer entwickelte und erstmals einsetzte. Damit konnten wir vielen Männern helfen und ihre Lebensqualität massgeblich verbessern.» Eine Operation steht allerdings nie an erster Stelle. Erst wenn Physiotherapie und Medikamente keinerlei Erfolg zeitigen, wird ein Eingriff ins Auge gefasst.

Häufigste Formen der Inkontinenz: Belastungsinkontinenz, Reizblase, Senkungsbeschwerden

Meist sind ältere Männer und Frauen von Inkontinenz betroffen. Dabei wird oft übersehen, dass auch junge Leute darunter leiden können. Zu ihnen gehört etwa der 24-jährige KSW-Patient, der schon seit seiner Jugend Probleme mit dem Wasserlösen hatte. Ein triftiger Grund für seine Inkontinenz war allerdings nicht zu finden.


Angst, in der Öffentlichkeit Urin zu verlieren

Interview mit Dr. med. Gesine Meili, Chefärztin und Leiterin der Frauenklinik, und Dr. med. Jure Tornic, Leitender Arzt Neuro-Urologie und Co-Leiter Beckenbodenzentrum

Sind Beckenbodenbeschwerden immer mit Inkontinenz verbunden?

Nein. Doch häufig leiden solche Patientinnen und Patienten an Inkontinenz. Das heisst, sie können den Drang, Wasser zu lassen, nicht mehr willentlich kontrollieren. Das ist vielfach verbunden mit der Angst, in der Öffentlichkeit Urin zu verlieren. Viele von ihnen ziehen sich deshalb aus Scham sozial zurück. Dabei sind Männer genauso betroffen wie Frauen. Gemeinsam ist beiden Geschlechtern, dass die entsprechenden Probleme oft tabuisiert werden.

Welche Beckenbodenbeschwerden treten am häufigsten auf?

Bei den Frauen sind es vor allem sogenannte Senkungsbeschwerden, die sich durch ein Druckgefühl und eine Blasenschwäche bemerkbar machen. Solche Beschwerden treten häufig nach einer Geburt oder in den Wechseljahren auf. Das ist beinahe ein Volksleiden, fast jede fünfte Frau ist im Laufe ihres Lebens davon betroffen. Urininkontinenz, eine Reizblase und Blasenentzündungen treten sogar bei jeder dritten Frau auf.

Wie sieht es bei Männern aus?

Am häufigsten ist wohl die Reizblase. Dabei verspüren die Betroffenen unvermittelt einen starken Drang, Wasser zu lassen – dem sie nicht
selten nachgeben müssen, bevor sie den Ort der Erlösung erreicht haben. Die häufigste Ursache dafür sind Erkrankungen der Prostata; nach einer Prostatakrebs-Operation tritt oft eine sogenannte Belastungsinkontinenz auf. Sie entsteht wegen einer Beckenbodenschwäche und zeigt sich darin, dass der Patient beim Husten oder Lachen Urin verliert. Je älter die Betroffenen sind, desto häufiger treten solche Phänomene auf. Bei jungen Männern sind es dagegen mehrheitlich Schmerz- und Drangprobleme, die von Verspannungen der Beckenbodenmuskulatur ausgelöst werden.

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Lassen sich Beckenbodenbeschwerden heilen?

Grundsätzlich ja. Viele Beschwerden lassen sich allerdings nicht von heute auf morgen aus der Welt schaffen. Der Weg zur Besserung ist oftmals lang und mit Rückschlägen verbunden. Wichtig ist, dass sich die Patientinnen und Patienten ernst genommen fühlen. Dank sehr guten medizinischen und operativen Therapien sind die meisten Betroffenen nach der Behandlung wieder kontinent und komplett zufrieden.

Portrait von Dr. med. Gesine Meili

Dr. med. Gesine Meili

Klinikleiterin Frauenklinik
Chefärztin Klinik für Gynäkologie
Leiterin Gynäkologisches Tumorzentrum
Stv. Leiterin Brustzentrum

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Portrait von Dr. med. Jure Tornic

Dr. med. Jure Tornic

Leitender Arzt
Klinik für Urologie
Co-Leiter Beckenbodenzentrum

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