Herzenssache(n) – an 365 Tagen im Jahr
An einem Sonntagmorgen verspürt der 58-jährige Werner K. plötzlich starke Schmerzen in der Brust, die in den Kiefer und den linken Oberarm ausstrahlen. Stark beunruhigt alarmiert der Alleinstehende den Rettungsdienst. Vor der Fahrt zum KSW zeichnen die Rettungskräfte die Herzstromkurve auf (Elektrokardiogramm) und telemetrieren, sprich: übertragen das Ergebnis ans KSW. Das Fachteam erkennt sofort, dass es sich um einen Herzinfarkt handelt. Eile ist geboten. Die Rettungskräfte bringen Werner K. direkt ins Herzkatheterlabor. Unter örtlicher Betäubung des Patienten öffnet ein Herzspezialist im Rahmen der Untersuchung das verstopfte Herzkranzgefäss und implantiert einen Stent. Dabei handelt es sich um ein kleines Implantat. Solche Spiraldrahtgerüste in Röhrchenform halten das erkrankte Blutgefäss offen. Werner K. übersteht den kurzen Routineeingriff erwartungsgemäss gut – er ist froh, die Beschwerden richtig als lebensbedrohlichen Herzinfarkt gedeutet zu haben.

6600 Herzultraschalluntersuchungen pro Jahr.
Herzinfarkt: Zeit ist Leben(squalität)
Jährlich bekommen am KSW über 500 Menschen bei einem Herzinfarkt schnell Hilfe. Bei jedem Verdacht oder jeder Zuweisung startet ein eingespielter Ablauf, wie Klinikleiter PD Dr. Dr. Stefan Blöchlinger erklärt: «Je schneller wir das Problem beheben, desto mehr können wir vom Herzmuskel retten und vermeiden, dass bleibende Schäden entstehen.» Um in Notfallsituationen immer die erforderliche Schnelligkeit zu gewährleisten, ist die Klinik für Kardiologie während 365 Tagen an 24 Stunden für Menschen mit Herzinfarkt da.
Herzklappenkontrolle beim Onkel
Nicht immer handelt es sich in der Kardiologie um Notfälle. «Wir führen auch viele Erstabklärungen bei Verdacht auf Herzprobleme durch sowie Nachkontrollen, zum Beispiel nach einem Herzinfarkt, einem Herzklappeneingriff oder in Zusammenarbeit mit dem Universitätsspital Zürich nach einem herzchirurgischen Eingriff», erklärt Dr. Blöchlinger. Eben hat er bei seinem Onkel mittels Herzultraschall die künstliche Aortenklappe kontrolliert, die er vor einem Monat eingesetzt hat. Auch Belastungstests auf dem Velo oder die Abklärung und Behandlung von Herzrhythmusstörungen finden in der Klinik für Kardiologie statt, wie der Klinikleiter weiter ausführt: «Bei einem Langzeit-EKG tragen die Patientinnen und Patienten zu Hause ein Gerät am Körper, das den Herzrhythmus über mehrere Tage hinweg aufzeichnet.»

1660 Herzkatheteruntersuchungen pro Jahr.
Der Motor des Lebens
Solange unser Herz gesund ist, verbinden wir es oft mit Liebe und Emotionen. Doch tatsächlich ist es weit mehr: Es ist ein wahres Wunderwerk. Rund drei Milliarden Mal schlägt es im Laufe eines Lebens – unermüdlich und ohne Pause. Doch mit den Jahren verändert sich dieses lebenswichtige Organ, und manchmal gerät es aus dem Takt. Dazu Dr. Blöchlinger: «Herzrhythmusstörungen sind eine häufige Erkrankung – besonders mit zunehmendem Alter. Das Herz schlägt dann oft unkoordiniert und meist zu schnell. Dieses sogenannte Vorhofflimmern untersuchen und behandeln wir am KSW seit 2017 mit einer speziellen Art der Herzkatheteruntersuchung, bei der sich mittels Verödung die Entstehung falscher elektrischer Impulse verhindern lässt.» Häufig kommen auch Herzrhythmusstörungen vor, bei denen das Herz zu langsam oder im Rahmen einer Herzschwäche unregelmässig schlägt. «Solchen Patientinnen oder Patienten können wir mit einem Herzschrittmacher helfen. Davon implantieren wir pro Jahr rund 200 Exemplare», führt Dr. Blöchlinger aus. Auch Menschen mit fortgeschrittener Herzschwäche oder nach einem schweren Herzinfarkt bietet das Team der Kardiologie verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, um das Risiko für das Eintreten weiterer belastender Ereignisse zu senken.
Behandeln, beraten, begleiten
Unabhängig von ihren Beschwerden erhalten alle Patientinnen und Patienten über die akute Behandlung hinaus umfassende Unterstützung. Auch für Werner K. beginnt jetzt die langfristige Begleitung durch verschiedene Fachleute am KSW. Er erhält eine ihm angepasste medikamentöse Therapie, kommt regelmässig zur Verlaufskontrolle vorbei, nimmt an der ambulanten Herzrehabilitation teil und kann bei Bedarf das Angebot der psychologischen Behandlung nutzen. Das bedrohliche Ereignis war ein schwerer Einschnitt in seinem Leben. Heute fühlt Werner K. sich wieder stark – und sein Dank gilt dem Kardiologie-Team am KSW, das ihm eine weiterhin gute Leistungsfähigkeit und ein neues Lebensgefühl ermöglicht hat.
Wenn das Herz Hilfe braucht
Interview mit PD Dr. med. Dr. sc. nat. Stefan Blöchlinger, Chefarzt und Klinikleiter, Klinik für Kardiologie
Mit welchen Herzproblemen kommen Patientinnen und Patienten ans KSW?
Viele unserer Patientinnen und Patienten haben einen Herzinfarkt erlitten, leiden an einer chronischen Erkrankung der Herzkranzgefässe oder an Herzrhythmusstörungen. Auch Bluthochdruck, Herzschwäche und angeborene Herzfehler sind häufige Diagnosen, deretwegen wir Menschen hier behandeln.
Ein Eingriff am Herzen ist mit Angst und Unsicherheit verbunden. Wie gehen Sie damit um?
Als Spezialistinnen und Spezialisten für das Herz sind wir uns der Ängste unserer Patientinnen und Patienten bewusst. Wir geben alles, um die verständlichen Sorgen aufzufangen – mit klaren Erklärungen, einfühlsamer Begleitung, kardiopsychologischer Beratung und einem erfahrenen Team, das Sicherheit vermittelt. Auch nach dem Eingriff bleiben wir an der Seite der Patientinnen und Patienten, sei es mit der regelmässigen Nachsorge oder einer gezielten Herzrehabilitation, um ihnen das Vertrauen in ihr Herz und ihren Körper zurückzugeben.
Können Sie uns etwas über neue Methoden berichten?
Ja, tatsächlich. Bei der Behandlung von hohem Blutdruck können wir bei bestimmten Patientinnen und Patienten den Blutdruck effektiv senken, indem wir Nervenbahnen an der Niere in einem minimalinvasiven Eingriff veröden. In diesem Zusammenhang sind wir daran, das KSW als Hypertonie-Zentrum zertifizieren zu lassen. Zudem können wir bei Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern und einem Risiko für schwere Blutungskomplikationen die bisher erforderliche Blutverdünnung durch einen am KSW neu angebotenen kleinen Eingriff überflüssig machen.