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Herbstzeit gleich Pilzzeit – besser ohne Knollenblätterpilze!

Vor langer, langer Zeit – ich arbeitete damals als Pflegedienstleiterin für die medizinische Abteilung – läutete eines Abends das Telefon bei mir.

Ein rascher Blick auf die Uhr zeigte mir, dass es schon 23 Uhr war. Wer will denn jetzt noch etwas von mir? Es meldete sich die Hauptnachtwache der Medizin, Schwester Linda. Sie orientierte mich darüber, dass ihr zwanzig Personen mit Pilzvergiftung angekündigt worden seien. Erst habe ich gedacht, das sei ein Witz, und habe mich nochmals beim diensthabenden Arzt erkundigt. Doch dieser hat mir den Sachverhalt bestätigt.

Schnell begab ich mich auf die Abteilung und organisierte zusammen mit Linda die Leerung eines Patientensaales. Das Zimmer 132 schien uns geeignet zu sein. Die dort untergebrachten Patienten wurden auf andere Zimmer verteilt, sodass wir den Saal für die Pilz-Patientinnen und -Patienten vorbereiten konnten. Nun kam mir die Erfahrung in militärischer Organisation zugute. Wir hatten keine Zeit, für jeden Patienten ein Aufnahmeprotokoll zu schreiben – das wurde damals noch auf der Station gemacht –, sondern wir begnügten uns damit, Name und Vorname jedes Patienten zu notieren. Dann wurde hinter dem Namen eine Nummer eingefügt.

Verschiedene Sorten von Waldpilzen.

Selber gesammelte Pilze sollten vor dem Verzehr immer zur Pilzkontrolle gebracht werden.

In der Zwischenzeit hatte der Arzt genauere Informationen erhalten. Ein Italiener hatte so viele Champignons gefunden, dass er seine Familie und die weitere Verwandtschaft zu einem Pilzessen einlud. Leider befand sich unter den Champignons auch ein Knollenblätterpilz, was bei den Gästen bald zu Übelkeit und Bauchschmerzen führte. Gott sei Dank waren es dann nicht zwanzig, sondern nur zwölf Personen, die zu uns kamen.

Behandlungsmassnahmen

Der Arzt informierte uns über die geplanten Behandlungsmassnahmen: Magenspülung, Infusion, Antidot gegen Knollenblätterpilz, Überwachung. Schnell wurde abgeklärt, ob in der Apotheke genügend von diesem Antidot vorhanden war. Das war aber nicht der Fall. Also wurde ein Blaulichtwagen losgeschickt, der das Antidot bei der Apotheke des Universitätsspitals Zürich holte.

Bald schon trafen die Patientinnen und Patienten ein. Eine Pflegefachfrau machte die Kurzaufnahme und verteilte die Nummern. Die Laborröhrchen wurden nummeriert, beschriftet, und dieselben Zahlen wurden dem Patienten auf den Arm geschrieben. Im Nachthemd ging es dann flugs zur Magenspülung. Der Patient sass im Hauptoffice im 1. Stock, und ich machte Magenspülungen «am Laufmeter»! Dann hiess es für den Patienten ab ins Bett, wo die Hauptnachtwache die Blutentnahme machte und danach die Infusion anschloss. Eine andere Pflegefachfrau beschäftigte sich mit dem Antidot und fügte es der Infusion bei.

Frauen und Männer, zwölf Betten in demselben Saal! So beschlossen wir, dass die Männer auf der linken und die Frauen auf der rechten Seite liegen sollten. Wir waren dankbar und froh, dass die Zusammenarbeit gut klappte. Die Patientinnen und Patienten wurden von der Hauptnachtwache nach Verordnung überwacht, und bald schon kehrte im Zimmer 132 Ruhe ein. Doch was musste die überwachende Pflegefachfrau bei ihrem zweiten Rundgang feststellen? Die Betten waren verschoben worden, und die Ehepaare lagen plötzlich – manchmal sogar in einem Bett – beisammen. Schmunzelnd liessen wir sie gewähren. Hauptsache war, dass sie sich geborgen fühlten.

Am Tag danach ging es den meisten Patientinnen und Patienten besser, sodass sie entlassen werden konnten. Nur zwei mussten sich einer längeren Therapie unterziehen.

Die Moral der Geschichte

Lassen Sie selber gesammelte Pilze immer kontrollieren, auch wenn Sie zu 100 Prozent überzeugt sind, dass nur essbare Pilze dabei sind!

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