Im Lauf des Lebens kommt es zu natürlichen Veränderungen der Beinachsen. Säuglinge werden mit O-Beinen geboren. Mit der Pubertät stellen sich dann meist gerade Beinachsen ein. Im Stehen und bei geschlossenen Beinen, berühren sich in diesem Falle Knöchel und Knie an der Innenseite.
Bleibt bei sich berührenden Knöcheln zwischen den Knien ein Abstand, spricht man von O-Beinen. Bleibt hingegen eine Lücke zwischen den Knöcheln, während die Knie sich berühren, spricht man von X-Beinen. Bei O-Beinen verläuft die gewichttragende Achse durch die innen liegende Fläche des Kniegelenks, bei X-Beinen hingegen durch die aussen liegende.
Wie kann eine Varusarthrose oder Valgusgonarthrose entstehen?
Eine Beinachsenfehlstellung verursacht gelegentlich stärkere Abnutzung des Knorpels (Arthrose) auf der Innen- oder der Aussenseite des Knies. Auch eine Meniskus-Entfernung oder -Teilentfernung führt unter Umständen zu einer stärkeren Abnutzung eines Teils des Gelenkes, was schlussendlich in einer Fehlstellung mit Arthrose enden kann.
Kniearthrose an O-Beinen (Varusgonarthrose) oder X-Beinen (Valgusgonarthrose) kann aber auch indirekt durch Fehlverheilung nach einer Verletzung eines Röhrenknochens am Ober- oder Unterschenkel entstehen.
Was sind die Symptome der beginnenden Gonarthrose?
Für die Kniegelenkarthrose typisch sind belastungsabhängige Knieschmerzen im geschädigten Gelenkbereich, insbesondere bei den ersten Schritten (sogenannter Anlaufschmerz). Zudem verstärkt eine länger dauernde Belastung manchmal die Beschwerden.
Die O-Bein-Arthrose schmerzt tendenziell auf der Innenseite des Knies, die X-Bein-Arthrose dagegen auf der Aussenseite. Im Rahmen der entzündlichen Komponente der Arthrose kann auch das gesamte Knie schmerzen. Konventionelle Röntgenbilder bestätigen die entsprechende Diagnose.
Wie sind die Behandlungsmöglichkeiten und wann ist eine Operation sinnvoll?
Umstellungsosteotomie
Wenn nur auf der Innen- oder der Aussenseite des Kniegelenks eine Arthrose vorliegt, erzielt man oft bereits mit einer Beinachsenkorrektur (Umstellungsosteotomie) eine Linderung der Beschwerden über Jahre erzielt, ohne dass ein künstliches Gelenk implantiert werden muss.
Valgisationsosteotomie
Betrifft die Arthrose nur die Innenseite des Kniegelenks (O-Beine), während die äussere Gelenkhälfte völlig schmerzfrei ist, erzielt man mittels Beinachsenkorrektur durch eine Knochendurchtrennung im oberen Schienbeinbereich ein leichtes X-Bein (sogenannte Valgisationsosteotomie). Das führt zur Entlastung der inneren Gelenkhälfte.
Bilder links: Arthrose des innen liegenden Anteils des Kniegelenks bei O-Bein (siehe Pfeil); Bilder rechts: Korrektur eines O-Beins
Doppelosteotomie
Bei grösseren Fehlstellungen ist gelegentlich eine Korrektur an Oberschenkel und Schienbein gleichzeitig notwendig, eine sogenannte Doppelosteotomie. Ziel ist es, unter Erhaltung des Gelenks die Schmerzen zu verringern und das Fortschreiten der Arthrose aufzuhalten oder zumindest zu verzögern.
Doppelosteotomie: Beine vor und nach dem Eingriff
Varisationsosteotomie
Zur Behandlung der X-Bein-Arthrose erfolgen Knochendurchtrennung und Achsenkorrektur meistens am Oberschenkel (Varisationsosteotomie).
Bilder links: Arthrose des äusseren Anteils des Kniegelenks bei X-Bein (siehe Pfeil); Bilder rechts: Korrektur eines X-Beins
Wann soll operiert werden?
Die Korrektur beider Fehlstellungen führt man vor allem bei jüngeren Patientinnen und Patienten durch. Ziel der Operation ist es, das Einsetzen eines künstlichen Gelenks so lange wie möglich hinauszuzögern. Der behandelnde Orthopäde oder die behandelnde Orthopädin bespricht mit Ihnen, ob ein solcher Eingriff für Sie in Frage kommt.
Wie sieht der Verlauf nach einer Umstellungsosteotomie am Knie aus?
Bei der Valgisationsosteotomie durchtrennt man den Knochen über einen Hautschnitt an der Innen- oder Aussenseite des Kniegelenks kontrolliert und fixiert ihn in der neuen, aufgespreizten Position mit einer Platte und Schrauben. Der durch das Aufklappen entstehende Zwischenraum füllt sich von selbst mit neuem Knochen. Durch diese Knochenheilung wird der Knochen wieder stabil und belastbar.
Die Patientin oder der Patient muss das operierte Bein während 6 Wochen durch das Benutzen von Gehstöcken entlasten. In dieser Phase ist zudem eine Blutverdünnung notwendig, um das Risiko einer Venenthrombose oder einer Lungenembolie so gering wie möglich zu halten.
Zeigt die Röntgenkontrolle im Verlauf der Nachbehandlung einen zunehmenden Durchbau des Knochens, kann die Belastung gesteigert werden. Häufig ist nach 10 bis 12 Wochen wieder die volle Belastung möglich.
Muss die Korrektur knienah am Oberschenkel durchgeführt werden, erfolgt der Hautschnitt weiter oben an der Innen- oder Aussenseite des Oberschenkels. Die Operationstechnik und die Nachbehandlung sind bei beiden Eingriffen ähnlich. Durch die Verlagerung der Belastung vom kranken in den gesunden Bereich des Gelenks verlangsamt man das Fortschreiten der Arthrose.
Zum zeitlichen Verlauf kann jedoch meist keine Prognose abgegeben werden. Die Beschwerden können in den meisten Fällen deutlich verringert werden. Häufig vergehen jedoch einige Monate, bis man die maximale Linderung der Beschwerden erreicht.
Umfangreiche Untersuchungen zeigen, dass etwa 65 % aller Patientinnen und Patienten 10 Jahre nach der Operation mit dem Ergebnis immer noch zufrieden sind. Bei 35 % musste im gleichen Zeitraum ein künstliches Gelenk eingesetzt werden. Insgesamt ist zu beobachten, dass sich der Zustand des Knies trotz erfolgreicher Operation über die Jahre langsam verschlechtert.
Eine Heilung der Arthrose ist leider nicht möglich, und bei weiterer Zunahme der Beschwerden ist das Einsetzen eines künstlichen Gelenks zuletzt unumgänglich. Durch die Beinachsenkorrektur zögert man es jedoch hinaus.
Was sind die Risiken bei dieser Operation?
Zu den allgemeinen Risiken einer Operation gehören:
Medikamentenunverträglichkeit oder -allergie
Thrombose
Embolie
Bluterguss
Wundinfekt
Bei der Valgisationsosteotomie bestehen zudem auch spezifische Komplikationsmöglichkeiten.
Ist die Arthrose schon weit fortgeschritten, können die Schmerzen durch den Eingriff unter Umständen nicht genügend gelindert werden. In diesen Fällen bleibt meist nur noch die Implantation eines künstlichen Kniegelenks.
Obwohl der Eingriff genauestens geplant wird, sind Abweichungen von der Planung immer möglich. In seltenen Fällen resultiert daraus eine Über- oder Unterkorrektur.
Je nach Technik des Eingriffs und dem damit verbundenen Zugangsweg besteht ausserdem die Gefahr einer Nervenschädigung (Nervus peronaeus). Bei Lähmungserscheinungen nach der Operation (der Fuss kann nicht mehr angehoben werden) ist manchmal ein Revisionseingriff mit Freilegung des Nervs notwendig. Ein kompletter oder teilweiser Rückgang der Lähmung ist oft möglich, dauert aber meist mehr als ein Jahr. Je nach Ausmass der Nervenschädigung bleit die Lähmung allerdings auch dauerhaft.
Obwohl das Ziel einer Osteotomie eine kontrollierte, inkomplette Knochendurchtrennung ist, kommt es vor allem bei umfangreichen Korrekturen manchmal zu einem unerwünschten vollständigen Knochendurchbruch. In den meisten Fällen hat dies jedoch keine Auswirkungen auf das weitere Vorgehen, ausser dass die Nachbehandlung vorsichtiger erfolgen muss.
Ein Ausbleiben oder eine Verzögerung der Knochenheilung ist selten, aber möglich und macht unter Umständen ebenfalls eine längere Entlastungsphase oder – in Ausnahmefällen – eine erneute Operation erforderlich. Dieses Risiko ist bei Raucherinnen und Rauchern relevant höher.
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