Ein Bandscheibenvorfall an der Halswirbelsäule wird auch zervikale Diskushernie genannt. Diese Bandscheibenvorfälle sind in den allermeisten Fällen Folgen von Alterungsprozessen. Der Alterungsprozess von Bandscheiben bei uns im Körper beginnt schon sehr früh in der Regel ab dem 20. Lebensjahr.
Durch die fortlaufende Alterung der Bandscheibe und die laufende Belastung entstehen im äusseren Ring der Bandscheibe Risse. Durch diese Risse können dann Teile des inneren Kerns austreten. Dies ist oft ein akutes Ereignis jedoch bleibt dies, wie oben erwähnt, eine Folge der konstanten Abnützung und ist somit nur in äusserst seltenen Fällen ein Unfall. Die ausgetretenen Teile kommen dann mit dem sogenannten Spinalnerven (siehe Abbildung 1) in Berührung und je nach Druck/Zug/Irritation dieses Nerven kommt es zu Schmerzen, Gefühlsstörungen oder einer Muskelschwäche im Arm. Die Schmerzen folgen meistens einem bestimmten Gebiet das man Dermatom nennt.
Abbildung 1: Querschnitt durch Halswirbelsäule
Symptome und Beschwerden
Die häufigsten Symptome bei Bandscheibenvorfällen im Halsbereich sind: Schmerzen im Arm, Nackenschmerzen, Schmerzen in den Schulterblättern, Schmerzen in der Brust und Kopfschmerzen, sowie Gefühlsstörungen (Kribbeln, Einschlafen) und Schwäche der Muskeln im arm oder der Hand.
Die meisten Patientinnen und Patienten mit cervicalen Problemen und ausstrahlenden Schmerzen heilen spontan ohne dass eine Therapie nötig ist. Die Zeit die es dafür braucht ist sehr unterschiedlich und von Mensch zu Mensch verschieden (Tage bis Jahre).
Häufigkeit / Verbreitung
Ein Halsbandscheibenvorfall tritt seltener auf als ein Bandscheibenvorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule, betrifft jedoch dennoch viele Patientinnen und Patienten, vor allem zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr. Männer und Frauen sind etwa gleich häufig betroffen. Aufgrund der zunehmenden Bildschirmarbeit in modernen Berufen wird vermutet, dass die Häufigkeit in Zukunft weiter zunehmen könnte.
Begleiterkrankungen
Ein Bandscheibenvorfall kann mit anderen Erkrankungen der Wirbelsäule einhergehen, etwa:
Arthrose der kleinen Wirbelgelenke (Facettengelenke)
Spinalkanalstenose (Verengung des Wirbelkanals)
Instabilitäten oder Fehlstellungen der Wirbel
Osteoporose, welche die Wirbelkörper zusätzlich schwächen kann
Gefahren / Risiken
Unbehandelt kann ein Halsbandscheibenvorfall fortschreiten und zu bleibenden Nervenschäden führen. Eine seltene, aber ernste Komplikation ist die sogenannte zervikale Myelopathie – eine Schädigung des Rückenmarks. Diese äussert sich durch Gangunsicherheit, Verlust der Feinmotorik oder gar Blasen- und Darmentleerungsstörungen. Eine frühzeitige Abklärung ist deshalb besonders wichtig.
Diagnose
Das MRT (Magnet-Resonanz-Tomographie, Abbildung 2) ist die Methode der Wahl zum Diagnostizieren eines Bandscheibenvorfalles in der Halswirbelsäule. Das MRT ist eine Form von Röntgen das auf einem Magnetfeld beruht und nicht auf Röntgenstrahlen.
Um zu untersuchen, ob der Bandscheibenvorfall auch zu einem Nervenschaden führt, erfolgt eine elektrophysiologische Untersuchung durch eine spezialisierte Neurologin / einen spezialisierten Neurologen. Damit kann in Ergänzung zur klinischen Beurteilung untersucht werden, ob eine Schwäche oder Fühlstörung bereits mit einem Nervenwurzelschaden einhergeht – was eine neurochirurgische Operation dringlich macht – oder ob lediglich eine Reizung der Nervenwurzel und womöglich eine schmerzbedingte Schwäche vorliegt, die man noch ohne eine Operation versuchen kann zu therapieren.
Abbildung 2: links: MRT des Halses / rechts: Hals anatomisch
Operation
Bei Auftreten von deutlichen Lähmungserscheinungen in den Armen (oder Beinen) sollte man die Operation ernsthaft in Erwägung ziehen. Gefühlsstörungen in den Armen oder Händen (Taubheit oder Kribbeln) stellen alleine für sich keine Operationsindikation dar. Eine relative Operationsindikation stellen natürlich auch Schmerzen dar, die sich weder unter Schmerzmitteln noch unter konservativer Therapie bessern. Einen fast zwingenden Grund zur Operation hat man wenn der Bandscheibenvorfall das Rückenmark deutlich komprimiert.
Die verschiedenen Möglichkeiten für eine Operation
Es gibt verschiedene Möglichkeiten einen Bandscheibenvorfall am Hals zu operieren. Man kann ihn von vorne (durch den Hals) oder von hinten (durch den Nacken operieren). Es besteht die Möglichkeit die Bandscheibe komplett zu entfernen und dann durch einen Platzhalter (Cage genannt) oder z.B. eine künstliche Bandscheibe zu ersetzen. Welche Methode man jeweils anwendet hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab und sollte immer individuell angepasst und mit der Chirurgin / dem Chirurgen besprochen werden.
Resultate
Gute bis sehr gute Resultate können durch die Operation erreicht werden. In ca. 95 % verschwindet der Armschmerz, der Nackenschmerz in ca. 89 %, Schulterschmerzen in 95 % und Kopfschmerzen in 90 % der Fälle. Sollten vor der Operation Gefühlsstörungen vorhanden gewesen sein so können die in etwa 20 % bleiben. Eine vorherige Schwäche bleibt nur in etwa 3 % der Fälle.
Konservative Therapie
Die sogenannte Nervenwurzelinfiltration ist eine Möglichkeit der Schmerztherapie. Es handelt sich in diesem Fall um eine Spritze die direkt neben den Nerv gesetzt wird. Hierbei wird ein Unempfindlichkeitsmittel und meist noch Kortison gespritzt. Von einer Behandlung durch einen Chiropraktiker wird bei einem Bandscheibenvorfall eher abgeraten. Ansonsten sind die alternativen Behandlungsmöglichkeiten fast unbegrenzt. Von Physiotherapie zum Osteopathen oder der Akupunktur kann man alles versuchen.
Vorbeugen, Prävention
Ein gesundes Muskel- und Skelettsystem ist die beste Voraussetzung, um einem Halsbandscheibenvorfall vorzubeugen. Regelmässige Bewegung, insbesondere das Training der Rücken- und Nackenmuskulatur, hilft dabei, die Wirbelsäule zu stabilisieren. Wer viel im Sitzen arbeitet, sollte auf eine ergonomisch korrekte Haltung achten, Bildschirme auf Augenhöhe einstellen und regelmässig Pausen mit Bewegung einbauen. Auch das Vermeiden einseitiger Belastungen und das Heben schwerer Lasten in gebückter Haltung reduziert das Risiko. Eine ausgewogene Ernährung, Normalgewicht und der Abbau von chronischem Stress wirken sich ebenfalls positiv auf die Gesundheit der Wirbelsäule aus.
Nachsorge
Die Nachsorge nach einem Halsbandscheibenvorfall richtet sich nach der Art der Behandlung und dem individuellen Verlauf. Nach einer Operation ist eine gezielte physiotherapeutische Betreuung zentral, um die Beweglichkeit wiederherzustellen und die Muskulatur zu stärken. Auch nach einer rein konservativen Therapie profitieren viele Patientinnen und Patienten von einer längerfristigen Begleitung durch Physiotherapie oder Rückentraining. Zusätzlich ist es sinnvoll, sich mit den Themen Haltung, Bewegung und Arbeitsplatzgestaltung auseinanderzusetzen, um zukünftigen Beschwerden vorzubeugen. Die behandelnde Ärztin oder der Arzt erstellt gemeinsam mit der Patientin oder dem Patienten einen Nachsorgeplan, der auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten ist.
Prognose
Die Heilungschancen bei einem Halsbandscheibenvorfall sind in den meisten Fällen sehr gut. Viele Patientinnen und Patienten erleben nach einigen Wochen oder wenigen Monaten eine deutliche Besserung oder sind ganz beschwerdefrei. Eine Operation führt oft zu einer schnellen Erleichterung der Symptome, insbesondere wenn vorher neurologische Ausfälle bestanden haben. Ein Rückfall ist grundsätzlich möglich, jedoch lässt sich dieses Risiko durch gezielte Präventionsmassnahmen deutlich senken. Entscheidend für die langfristige Prognose ist die konsequente Nachsorge und ein aktiver Umgang mit der eigenen Gesundheit.
Häufige Fragen
Muss ich bei einem Halsbandscheibenvorfall immer operiert werden?
Nein, eine Operation ist nur in wenigen Fällen notwendig. Die meisten Patientinnen und Patienten sprechen gut auf eine konservative Behandlung mit Schmerzmitteln, Physiotherapie und gezielten Übungen an. Eine Operation wird nur empfohlen, wenn starke Beschwerden über längere Zeit bestehen oder neurologische Ausfälle auftreten.
Wie lange dauert die Heilung nach einem Halsbandscheibenvorfall?
Die Dauer der Heilung ist individuell unterschiedlich. Viele Patientinnen und Patienten berichten schon nach wenigen Wochen über eine deutliche Besserung. In manchen Fällen kann die vollständige Genesung mehrere Monate in Anspruch nehmen – besonders wenn es zu Nervenirritationen oder -schäden gekommen ist.
Kann ein Halsbandscheibenvorfall von selbst heilen?
Ja, in vielen Fällen bildet sich der Bandscheibenvorfall im Laufe der Zeit teilweise oder vollständig zurück. Der Körper kann den vorgefallenen Teil der Bandscheibe abbauen, wodurch der Druck auf die Nerven nachlässt. Begleitende Therapien unterstützen diesen Prozess.
Welche Sportarten darf ich nach einem Bandscheibenvorfall ausüben?
Nach der akuten Phase sind Sportarten, die die Wirbelsäule nicht übermässig belasten, sehr empfehlenswert. Dazu gehören zum Beispiel Schwimmen, Velofahren, Yoga oder Nordic Walking. Wichtig ist, dass die Sportart schmerzfrei ausgeführt werden kann. Ihr Behandlungsteam gibt Ihnen eine individuelle Empfehlung.
Wie kann ich einem erneuten Bandscheibenvorfall vorbeugen?
Eine gute Vorbeugung besteht aus regelmässiger Bewegung, gezieltem Muskelaufbau, ergonomischem Arbeiten und einem gesunden Lebensstil. Besonders wichtig ist die Kräftigung der Nacken- und Rückenmuskulatur sowie eine korrekte Haltung im Alltag und am Arbeitsplatz.
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