Chronische Rückenschmerzen
Rückenschmerzen zählen zu den häufigsten gesundheitlichen Beschwerden in der Bevölkerung. Wenn sie über einen längeren Zeitraum bestehen bleiben oder regelmässig wiederkehren, spricht man von chronischen Rückenschmerzen. Dabei geht es nicht nur um ein körperliches Leiden – chronische Rückenschmerzen beeinflussen auch das seelische Wohlbefinden, die Lebensqualität und oft die Arbeitsfähigkeit. Für eine wirksame Behandlung ist es entscheidend, die Ursachen zu erkennen, die Beschwerden ganzheitlich zu verstehen und individuell abgestimmte Therapien einzuleiten.
Ursache
Chronische Rückenschmerzen entstehen oft durch ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren. Häufig liegt eine degenerative Veränderung der Wirbelsäule zugrunde, wie etwa Bandscheibenverschleiss, kleine Gelenksarthrosen oder Muskelverspannungen. Aber auch Fehlhaltungen, Bewegungsmangel oder einseitige körperliche Belastungen im Alltag oder Beruf können eine Rolle spielen. In vielen Fällen kommen psychosoziale Faktoren hinzu – zum Beispiel Stress, Ängste oder depressive Verstimmungen, die die Schmerzwahrnehmung und -verarbeitung beeinflussen. Manchmal lässt sich keine eindeutige körperliche Ursache feststellen – in diesem Fall spricht man von unspezifischen Rückenschmerzen.

Häufigkeit
Chronische Rückenschmerzen sind in der Schweiz weit verbreitet. Rund ein Drittel aller Erwachsenen ist davon betroffen, besonders häufig im mittleren bis höheren Lebensalter. Sie gehören zu den häufigsten Gründen für Arztbesuche, Arbeitsausfälle und Frühberentungen. Frauen und Männer sind etwa gleichermassen betroffen. Die Häufigkeit nimmt mit steigendem Alter, aber auch bei sitzenden Tätigkeiten oder fehlender körperlicher Aktivität deutlich zu.
Symptome und Beschwerden
Chronische Rückenschmerzen äussern sich meist durch anhaltende oder wiederkehrende Schmerzen im Bereich der Lenden-, Brust- oder Halswirbelsäule. Die Beschwerden können dumpf, ziehend oder stechend sein und bei Bewegung, langem Sitzen oder in Ruhe zunehmen. Oft kommt es zu einer Einschränkung der Beweglichkeit, zu Muskelverspannungen und einem Gefühl der Steifheit. Nicht selten strahlen die Schmerzen in Gesäss, Beine oder Arme aus. Chronische Rückenschmerzen gehen häufig mit Schlafstörungen, Erschöpfung oder einer verminderten Belastbarkeit im Alltag einher.
Begleiterkrankungen
Viele Patientinnen und Patienten mit chronischen Rückenschmerzen entwickeln mit der Zeit Begleitbeschwerden. Dazu gehören Depressionen, Angststörungen oder sogenannte Schmerzverarbeitungsstörungen. Auch Erkrankungen wie Fibromyalgie, Arthrose, Osteoporose oder Bandscheibenerkrankungen treten häufig gleichzeitig auf. Aufgrund der verminderten Beweglichkeit können zudem Kreislauf-, Muskel- und Stoffwechselprobleme entstehen. Wichtig ist deshalb eine ganzheitliche Betrachtung des Gesundheitszustands.
Gefahren / Risiken
Chronische Rückenschmerzen sind nicht nur unangenehm – sie können im Verlauf auch erhebliche Auswirkungen auf das tägliche Leben haben. Ohne angemessene Behandlung droht eine chronische Schmerzverfestigung, bei der das Schmerzempfinden unabhängig von der ursprünglichen Ursache bestehen bleibt. Dies kann zu sozialem Rückzug, Arbeitsunfähigkeit, körperlichem Abbau und psychischen Belastungen führen. Auch die Einnahme starker Schmerzmittel über längere Zeit birgt Risiken wie Abhängigkeit oder Nebenwirkungen.
Diagnose
Die Abklärung chronischer Rückenschmerzen beginnt mit einem ausführlichen Gespräch, in dem Beschwerden, Lebensumstände und bisherige Behandlungen thematisiert werden. Anschliessend erfolgt eine körperliche Untersuchung zur Prüfung von Haltung, Beweglichkeit, Reflexen und Muskelkraft. Bildgebende Verfahren wie Röntgen, MRI oder CT können helfen, strukturelle Veränderungen sichtbar zu machen. Bei Verdacht auf Begleiterkrankungen oder psychosomatische Einflüsse werden zusätzliche Untersuchungen veranlasst. Ziel der Diagnose ist nicht nur die Erkennung der Schmerzursache, sondern auch das Verständnis für den individuellen Schmerzzustand.
Oftmals können Rückenschmerzen in die Arme oder Beine ausstrahlen. Die Unterscheidung zwischen neurologischen Ausfällen aufgrund einer Rückenmarks- oder Nervenwurzelschädigung und einer vom Bewegungsapparat ausgehenden, sogenannten „pseudoradikulären“ Ausstrahlung kann herausfordernd sein, auch weil häufig ein Mischbild vorliegt. Im Hinblick auf allfällige Rückenoperationen spielt die kombinierte klinische und elektrophysiologische Beurteilung durch eine spezialisierte Neurologin / Neurologen bei der Indikationsstellung und Planung eine wichtige Rolle.
Behandlung
Die Behandlung chronischer Rückenschmerzen basiert auf einem interdisziplinären Ansatz, der körperliche, psychische und soziale Faktoren berücksichtigt. Zu den wichtigsten Bausteinen gehören:
- Bewegungstherapie und Physiotherapie, um die Muskulatur zu stärken, Verspannungen zu lösen und die Beweglichkeit zu verbessern.
- Medikamentöse Therapie zur Linderung von Schmerzen und Entzündungen, häufig kombiniert mit muskelentspannenden Mitteln.
- Psychologische Betreuung, etwa in Form von Schmerzbewältigungstraining, kognitiver Verhaltenstherapie oder Achtsamkeitsübungen.
- Ergotherapie zur Anpassung des Alltags und zur Schulung rückenschonender Bewegungsmuster.
- Schulmedizinische und komplementärmedizinische Massnahmen, wie Akupunktur oder TENS (Transkutane Elektrische Nervenstimulation).
- Ziel ist nicht nur Schmerzfreiheit, sondern die Wiederherstellung der Lebensqualität und Selbständigkeit.
Operation
Bei chronischen Rückenschmerzen ist eine Operation nur in bestimmten Ausnahmefällen sinnvoll – zum Beispiel dann, wenn eindeutige strukturelle Veränderungen der Wirbelsäule vorliegen, die mit einer Nervenkompression einhergehen und sich durch konservative Behandlungsformen wie Physiotherapie, Schmerztherapie oder Infiltrationen nicht ausreichend bessern.
Typische Beispiele sind:
- ein schwerer Bandscheibenvorfall, der auf Nerven drückt,
- oder eine Spinalkanalstenose mit neurologischen Ausfällen wie Gefühlsstörungen, Muskelschwäche oder Einschränkungen der Gehfähigkeit.
In solchen Fällen kann ein chirurgischer Eingriff notwendig sein, um Druck von den Nerven zu nehmen oder instabile Wirbelsäulensegmente zu stabilisieren. Die Entscheidung für eine Operation wird stets individuell getroffen, sorgfältig abgewogen und gemeinsam mit den Patientinnen und Patienten besprochen. Dank moderner Verfahren wie der minimalinvasiven Chirurgie oder endoskopischen Techniken sind solche Eingriffe heute besonders schonend. Sie ermöglichen eine kürzere Erholungszeit, weniger Gewebetrauma und in vielen Fällen eine rasche Rückkehr in den Alltag.
Vorbeugen, Prävention
Die beste Vorbeugung chronischer Rückenschmerzen besteht in einem aktiven Lebensstil. Dazu gehört regelmässige Bewegung – idealerweise durch Sportarten wie Schwimmen, Velofahren, Yoga oder Rückengymnastik. Eine ergonomische Sitzhaltung, rückenfreundliches Heben, ausreichend Pausen im Arbeitsalltag und das Vermeiden von langem Sitzen sind ebenfalls wichtige Massnahmen. Stressreduktion, ausreichend Schlaf und eine bewusste Körperwahrnehmung spielen eine ebenso zentrale Rolle. Frühzeitig aktiv zu werden – auch bei ersten Beschwerden – hilft, einer Chronifizierung vorzubeugen.
Nachsorge
Die Nachsorge chronischer Rückenschmerzen ist ein fortlaufender Prozess. Patientinnen und Patienten profitieren von einem individuellen, langfristigen Nachsorgeplan, der Bewegung, medizinische Kontrolle, psychologische Begleitung und gegebenenfalls medikamentöse Unterstützung umfasst. Die regelmässige Zusammenarbeit mit Fachpersonen – etwa Physiotherapeutinnen und -therapeuten, Schmerztherapeutinnen und -therapeuten oder Psychologinnen und Psychologen – trägt wesentlich zum Erhalt der Lebensqualität bei. Ziel ist ein selbstbestimmter Umgang mit dem Schmerz und die Rückkehr in einen aktiven Alltag.
Prognose
Die Prognose bei chronischen Rückenschmerzen ist individuell sehr unterschiedlich. Frühzeitige und umfassende Therapieansätze verbessern die Aussichten deutlich. Viele Patientinnen und Patienten können lernen, mit dem Schmerz umzugehen, ihn zu reduzieren und trotz Beschwerden ein erfülltes Leben zu führen. Wichtig ist, die chronischen Rückenschmerzen nicht zu verdrängen, sondern sie aktiv und ganzheitlich anzugehen.
Mehr Informationen zum Spitalaufenthalt im KSW
Steht bei Ihnen eine Behandlung an? Oder möchten Sie einen Ihnen nahestehenden Menschen besuchen? Wir setzen alles daran, dass Sie sich am KSW wohlfühlen.