Rückenzentrum
Wenn Rückenschmerzen nicht gleich Rückenschmerzen sind
Ein zentraler Schwerpunkt des Rückenzentrums ist die präzise Differenzierung der Schmerzursachen. Häufig sind Nervenschäden und pseudoradikuläre Schmerzen schwer voneinander zu unterscheiden, da sie ähnliche Symptome hervorrufen können. Die MRT bietet oft bereits entscheidende Hinweise auf die Schmerzursache, kann diese jedoch oftmals nicht definitiv zuordnen. Auf spinale Syndrome spezialisierte Neurologinnen und Neurologen können mit Untersuchungsmethoden wie der Elektroneuromyographie (ENMG) und den somatosensiblen sowie motorisch evozierten Potenzialen (SEP/MEP) das Ausmass einer möglichen Nerven- oder Rückenmarksschädigung quantifizieren.
«Durch unsere diagnostischen Verfahren können wir klare Aussagen darüber treffen, ob eine neurologische Beeinträchtigung vorliegt oder ob alternative Ursachen in Betracht gezogen werden sollten. Dies ermöglicht eine zielgerichtete Behandlung und hilft, unnötige Eingriffe zu vermeiden.»
PD Dr. med. Hans-Georg Wirsching, Chefarzt und Klinikleiter der Klinik für Neurologie
Notfallindikationen: Wann ist eine sofortige Abklärung nötig?
Rückenschmerzen sind in vielen Fällen harmlos, doch bestimmte Symptome erfordern eine sofortige medizinische Abklärung. Insbesondere Lähmungen, plötzlicher Kraftverlust oder Störungen der Blasen- und Darmfunktion können auf eine schwerwiegende neurologische Beeinträchtigung hinweisen. In solchen Fällen ist eine notfallmässige neurochirurgische Abklärung erforderlich, da ein rasches Eingreifen in bestimmten Situationen bleibende Schäden verhindern kann.
Elektrophysiologische Abklärungen
Verschiedene Methoden kommen zur Beurteilung der Funktionsfähigkeit des Rückenmarks sowie der Nervenwurzeln, Nerven und Muskeln zum Einsatz. Diese werden durch spezialisierte Neurologinnen und Neurologen durchgeführt.
Evozierte Potentiale
Sogenannte evozierte Potentiale kommen zum Einsatz, um die Funktion des Rückenmarks zu untersuchen. Bei somatosensibel evozierten Potenzialen (SSEP) wird ein elektrischer Reiz, meist am Hand- oder Fussgelenk, gesetzt, um sensorische Nervenbahnen zu aktivieren. Die Weiterleitung dieses Reizes wird mithilfe von Elektroden entlang der Wirbelsäule und am Kopf gemessen. So kann beurteilt werden, ob und wo es Unterbrechungen oder Verzögerungen in der Reizweiterleitung gibt. Bei motorisch evozierten Potenzialen (MEP) wird das Gehirn durch einen kurzen Magnetimpuls (transkranielle Magnetstimulation) angeregt. Anschliessend wird über Elektroden an Armen oder Beinen geprüft, ob und wie schnell die Muskeln auf das Signal reagieren – was Rückschlüsse auf die Funktionsfähigkeit motorischer Nervenbahnen erlaubt.
Elektromyografie (EMG) und Nervenleitgeschwindigkeitsmessung (NLG)
Wichtige Methoden zur Beurteilung von Nervenschädigungen sind die Elektromyografie (EMG) und die Nervenleitgeschwindigkeitsmessung (NLG). Bei der EMG wird mithilfe kleiner Nadeln die elektrische Aktivität der Muskeln gemessen. Das kann nicht nur zeigen, ob bestimmte Nervenwurzeln geschädigt sind sondern auch, ob die Schädigung akut oder chronisch aufgetreten ist. Bei der NLG werden elektrische Reize auf die Haut gegeben und gemessen, wie schnell und stark die Nerven darauf reagieren. Verzögerte oder abgeschwächte Reaktionen deuten ebenfalls auf Nervenschäden hin.
Diese Untersuchungen helfen Ärzten, die Ursache von Beschwerden wie Rückenschmerzen, Taubheitsgefühl oder Muskelschwäche besser einzugrenzen und eine gezielte Behandlung zu planen.